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Freetouring mit Ogso

„Freetouring“ ist das Ende eines Gedankenprozesses, der zurückreicht in eine Zeit, in der Skifahrer begannen Lines in einem modernen Stil zu fahren, weil sie es können und weil sie es wollen. In den letzten Jahren ermöglichten es neue Entwicklungen einer breiteren Masse in den Genuss dieser Art des Skifahrens kommen zu können – Bindungen wurden leichter und sicherer, Ski wurden leichter zu handhaben und Skischuhe wurden leichter und tourenfreundlicher. Diese Ideen – Hybridbindungen, stabile Tourenschuhe und Freeride-Tourenski – sind nur die logische Konsequenz der Anforderungen, die moderne Freerider stellen, um ihren Fahrstil auf größere, abgelegenere und alpinere Berge zu bringen, um steilere Lines zu fahren und das in einem moderneren Stil.

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Warum sollte man eine Sportart, welche so ähnlich zu ihren Nachbardisziplinen ist, anders taufen? Ganz einfach, weil Freetouring anders ist, anders in vielen Aspekten. Aber vor allem ist es die Einstellung, dass das höchste Ziel einer Unternehmung in den Bergen die Abfahrt einer großartigen „Line“ ist. Aber nicht irgendeine Line – diese Abfahrt muss ästhetisch und optisch ansprechend sein. Sie muss das Gefühl in dir auslösen: „Ich will da runterfahren!“ Es spielt dabei keine Rolle, wie hoch oder wie abgelegen der Berg ist. Es geht nur darum, eine Linie diesen Berg hinunterzuziehen, wie ein Künstler, der eine Linie auf eine weiße Leinwand zaubert und so seine Emotionen und Fantasien offenlegt. Das schöne dabei ist, dass jeder der Künstler sein kann und jeder mit derselben Farbe arbeitet – weiß. Und trotzdem kann jeder seinen eigenen Stil verwirklichen.

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Verglichen mit dem klassischen „Skitourengehen“ unterscheidet sich Freetouring grundlegend in der Tatsache, dass dabei das Bergauf lediglich eine Notwendigkeit darstellt, um eine Line zu fahren. Es geht hier nicht um Zeit, und dennoch bedarf es vieler Fertigkeiten und einem hohen Maß an Fitness, um erfolgreich zu sein. Schwere Schuhe, Ski und Bindung einen Berg hinaufzuschleppen ist anstrengend, aber das Ziel ist ja ein anderes. Für viele ist Skitourengehen eine Freude – die Natur zu genießen, einen Gipfel zu erreichen oder einen schönen Tag in den Bergen, in der Natur zu verbringen.

Skitouring ist eine Art des Bergsteigens – Freetouring ist eine Art des Skifahrens.
Eine steile Abfahrt in all ihren stressigen und gefährlichen Momenten zu genießen, nicht seitlich zu rutschen oder von einer Skikante zur anderen zu springen, wäre das Ziel. Und einfach in das Eintauchen, was man tut – Skifahren.

Freeriden involviert auf dem Weg nach oben fast immer Liftunterstützung und Lifte sind oftmals überrannt. Daher sollte man sehr früh aufstehen, um die ersten guten Schwünge im frischen Pulverschnee machen zu können. Aber wer auf die Unterstützung von Gondel, Lift oder Helikopter verzichtet, der ist sehr oft und sehr schnell allein unterwegs – und mit der richtigen Tourenwahl auch vielleicht den ganzen Tag, ohne einen Artgenossen zu treffen. Dass es beim Freeriden und beim Freetouring einen Bereich der Überschneidung gibt, ist klar, denn wo hört das eine auf und wo beginnt das andere? Ich bin sicher nicht derjenige, der hier eine Grenze ziehen möchte, da jeder für sich selbst die Spielregeln gestalten kann und es hierbei mehr um die notwendigen Fertigkeiten und das Wissen geht, wie man sich abseits der gesicherten Skiräume verhält.

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Jeder kann und soll sich beim Freetouring seine Regeln selbst schreiben – wie möchte ich eine Line fahren, wie viele Kurven möchte ich machen, wo möchte ich diese ansetzen? Es geht nicht darum Touren, die hunderte oder tausende Male gemacht wurden, zu wiederholen. Es geht darum, dass jeder für sich selbst entscheidet, was er mit seinen Fähigkeiten erreichen kann. Die Berge bieten jedem so viele Möglichkeiten, man muss nur genau schauen und für sich abstecken, was durchführbar ist.

Freetouring ist die Grundeinstellung und der Fahrstil, kombiniert mit dem Wissen und der Möglichkeiten, die Skitouren bietet. Es eröffnet eine neue Perspektive auf neue Lines oder Lines, die selten befahren werden.

Ultralight – Immer die beste Wahl?

Im ersten Moment ist es vielleicht nicht logisch hier über Ultralight Ausrüstung zu sprechen, aber für mich ist dieser Ansatz, Gewicht zu sparen wo immer möglich, auch direkt mit Abstrichen beim Skivergnügen verbunden. Skitourer sind sich oft nicht bewusst, dass es mit nicht ganz so leichten Skiern, Schuhen oder Bindung vielleicht nicht so schnell bergauf geht, aber sehr wohl angenehmer, effizienter und vor allem auch sicherer bergab geht. Anstatt sich über Preis oder Gewicht, meistens weniger ist besser, Gedanken zu machen, sollte man sich eher über die eigenen Fähigkeiten und Ziele den Kopf zerbrechen. Es ist für den normalen Skitourengeher nicht notwendig, Material zu nutzen, welches ursprünglich für Skimo-Rennen entwickelt wurde. Stattdessen sollte gerade bei der Neuanschaffung von Ausrüstung sehr viel Wert auf das eigene Können und die eigenen Ambitionen gelegt werden, um ein vielleicht schwereres Set zu kaufen, welches dann aber den eigentlichen Anforderungen entspricht.

Gerade im Bereich Freetour ist der Balanceakt zwischen Abfahrtsperformance und Gewicht, welches man bergauf in Kauf nimmt, immer ein schwieriger und beinhaltet oft sehr viel Tüftelei, um das perfekt abgestimmte Setup zu finden.

Ski hard – Train harder

Auch im Training tun sich Unterschiede zwischen Skitourengehen, Freeride und Freetouring auf. Kurz die Vorbereitung für Freetouring beinhaltet neben klassischem Ausdauertraining für den Aufstieg auch Elemente für Kraft und Schnelligkeit des Freeridens. Auch ohne Zeitdruck sollte man fit genug sein, um seine Ausrüstung zum Ausgangspunkt der gewählten Line bringen zu können, ohne dass man völlig am Ende ist. Denn erst dort fängt das eigentliche Ziel der Unternehmung an.

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Ein Training für eine Freetouring-Saison beinhaltet also sowohl Ausdauer- als auch Krafttraining für Beine, Beinachse und Stabilität im Rumpf.

Neben klassischen Bergaktivitäten ist es ratsam zumindest ab dem Frühherbst zwei Tage für Krafteinheiten einzuplanen, um auch rechtzeitig fit zu sein, wenn der erste Schnee fällt.

Training beinhaltet neben physischem Training auch fit zu werden in der Lawinensuche. Auch das fällt unter Training und sollte ebenso konsequent geübt werden, um im Ernstfall auch wirklich fit zu sein, einen Kameraden ausgraben zu können. Hier bietet es sich an, Übungsszenarien in der eigenen Gruppe zu üben und sich auch mal einen Bergführer zu gönnen, um den letzten Feinschliff zu bekommen.

Da es immer gilt, die angelernten und verinnerlichten Fähigkeiten in der Kameradensuche nie einsetzen zu müssen, gilt es auch die Einschätzung der Lawinensituation zu trainieren. Das heißt viele Kurse zu belegen, Bücher zu lesen und immer zu versuchen, Lawinenschnitte zu graben und diese zu interpretieren. Eine gute Möglichkeit das zu lernen, besteht darin, sich einen Mentor zu suchen und mit diesem Lawinenschnitte zu graben und Hangbeurteilungen zu machen.

Das heimtückische hierbei ist aber, dass man hunderte „Close-calls“ machen kann und nie erfährt, wie knapp es eigentlich war, eine Lawine auszulösen. Und dann trifft man eine falsche Entscheidung unter Tausenden und es passiert das, was nicht passieren sollte.

Einen Plan, um einen Plan zu machen

Idealerweise gibt es gut beschriebene Touren mit online Karten und Fotos inklusive GPS-Track im Internet zu finden. Aber viele der anspruchsvolleren Lines findet man nicht im Internet und es ist nötig, sich einen Plan zurechtlegen.

Alles beginnt damit, eine Line zu finden – durch Zufall in einem alten Buch oder durch Erzählung. Der nächste Schritt wäre, die Line zu sichten, sie abzufotografieren und in eine Karte zu übertragen. Manchmal verbringen diese Abfahrten Wochen, Monate oder Jahre in der Warteschlange, bis sich die Chance ergibt, sie zu befahren. Ein wesentlicher Faktor: Es muss die Lawinensituation eine Befahrung zulassen. Manchmal kann die Entscheidung es zu versuchen Tage im Voraus geschehen, doch manchmal ist es auch einfach ein Abend, an dem spontan entschieden wird.

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Dann bleibt noch den Wetterbericht zu überprüfen und sich gut einzuprägen, welche Gefahrenstellen und Muster der Lawinenlagebericht vorhergesagt hat, um zu wissen worauf zu achten ist.

Während des Aufstiegs ist es wichtig, die Situation ständig erneut zu beurteilen – stimmt die Vorhersage des Lawinenlageberichts? Finde ich andere Gefahrenmuster? Was sagen die Lawinenschnitte? Um diese Fragen beantworten zu können, muss man die Line von unten nach oben durchsteigen. Nur so ist eine konkrete Aussage möglich, ob die Bedingungen eine Befahrung zulassen.

Es braucht hunderte „JA“, um eine Line zu fahren, aber nur ein „NEIN“, um umzudrehen. Manchmal ist es ärgerlich, umdrehen zu müssen, aber es ist immer die richtige Entscheidung, egal, was andere sagen. Es war die Entscheidung der Gruppe vor Ort und es ist immer eine gute.

Im Grunde ist Freetouring sehr viel Arbeit, vor allem auch im Vorfeld, bevor es zum eigentlichen Skifahren kommt. Es wäre falsch, Freetouring dem Skitourengehen oder dem Freeriden unterzuordnen, da es Fähigkeiten bedarf, die aus diesen beiden Sportarten stammen.

Vielleicht ist es mehr wie alles andere die Freude am Leiden. Es ist anstrengend und dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis man das Ziel der Tour erreicht hat und die Abfahrt antreten kann – und auch dann ist ein Erfolg nicht immer garantiert. Aber es sind diese kurzen Momente, wenn der Druck wegfällt – wenn die Line erfolgreich befahren wurde, auf die man seit hunderten Stunden hintrainiert hat, nur um ein paar wenige Minuten Skifahren in vollsten Zügen genießen zu können – das sind die Momente, für die es das alles wert sind.

Autor – Christoph Kaltenböck
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